16.09.2011
5.30h. Der Wecker klingelt. Doch ganz Thamel schläft weiter tief und fest. Das Touristenzentrum scheint wie leer gefegt. Fast niemand ist auf den Straßen, alle Geschäfte geschlossen. Es ist Viertel nach sechs als wir uns gemächlich nach Kantipath, den Abfahrtsort der großen Touristenbusse, begeben. Die Busstation stellt sich als eine sehr langgezogene Straße heraus, an der sich ein Bus nach dem anderen reiht. Urplötzlich ist die Ruhe des Morgens weg. Auf dem Gehsteig herrscht Trubel; müde Touristen, aber auch viele hektisch umherblickende Touristen. Allesamt auf der Suche nach dem richtigen Bus. Aufgedrehte Verkäufer versuchen noch kurz vor der Abreise Wasserflaschen, Softdrinks, Gebäck und Snacks den hungrigen Reisenden anzudrehen. Ich lehne dankend ab.
Nach mehrmaligen Fragen finden wir unseren Bus. Warum wir schon um halb sieben am Bus sein sollten, wenn dieser doch erst um kurz nach sieben abfährt, versteht keiner von uns. Wir steigen ein. So richtig komfortabel sieht es allerdings nicht aus. Aber was soll man auch erwarten: 800NPR (~6€) für KTM-Pokhara und zurück! Bei so einem Preis schlägt auch die einheimische Mittelschicht zu. Alle Sitze im Bus sind besetzt. Das Gute an Touristenbussen ist, dass keiner im Bus stehen und auch niemand auf dem Busdach sitzen darf. So ist es zwar etwas eng, aber auszuhalten.
Es geht zunächst nur zäh voran. Der Verkehr in Kathmandu ist bereits seit einiger Zeit aufgewacht. Und spätestens mit dem ständigen Gehupe auf den Straßen bin ich es jetzt auch – die Hupe ist der neue Wecker. Wir verlassen die dicht besiedelte Hauptstadt im Kathmandu-Tal und betreten die Berge. Die Straße schlängelt sich an den zum Teil sehr steilen Hängen entlang. Die Bergstraße ist die einzige Landverbindung nach Pokhara. Sie ist schmal. So schmal sogar, dass gerade einmal zwei große Busse nebeneinander Platz finden können. Ein Stau ist auf solchen Straßen vorprogrammiert. Der Gegenverkehr zwängt sich mit höchster Präzision durch. Das Tempo wird gedrosselt. Der Abgrund ist tief.
Schnell wird mir klar, warum für die knapp 200km von Kathmandu nach Pokhara sechs bis acht Stunden einkalkuliert werden müssen. Ein Glück, dass das Wetter mitspielt. Durchnässte Straßen hätten wohl das Tempo weiter verlangsamt. Aber auch die Zeit vergeht nur langsam. Die Morgenfrische hat sich schon längst verabschiedet. Der Bus wärmt sich auf, die Fenster sind weit aufgeschoben. Bei der günstigsten Preisklasse gibt es eben keine Klimaanlage. Dafür ist der Bus mit durchgesessenen Sitzen ausgestattet. Jedes einzelne Schlagloch wird mitgenommen. Es ist holprig. Wir werden durchgeschüttelt, sind müde. Es geht immer wieder auf und ab, den engen Kurven entlang. Die Bremsen quietschen.
Die Fahrt nach Pokhara ist anstrengend. Aber sie lohnt sich allemal. Der Weg ist das Ziel – besonders auf einer solchen Strecke. Ich blicke aus dem Fenster und bestaune die atemberaubende Aussicht. Tiefe Schluchten, reißende Flüsse, kilometerlange Anbaugebiete, überwältigende Reisterrassen und im Hintergrund der monumentale Himalaya. Die faszinierende natürliche Vielfalt Nepals zieht mich in ihren Bann. Die grüne Natur ist ein extremer Kontrast zu Kathmandu.
Bevor wir den Buspark von Pokhara erreichen, halten wir insgesamt drei Mal. Einer ganz kurzen Toiletten-Pause relativ zu Beginn der Reise folgten eine Frühstückspause und eine Lunch-Pause von jeweils einer halben Stunde. Ich freue mich über jede Gelegenheit meine Füße vertreten zu können. Und umso mehr freue ich mich auf die Pausen an den beiden Raststätten. Hier herrschen der selbe Trubel wie in Kathmandu. Ein heilloses Durcheinander. Doch am Ende komme ich ebenfalls an etwas zu Essen.
Das mulmige Gefühl zu Beginn des Essens verschwindet schnell. Die Speisen sind für die Verhältnisse köstlich und trotz „Monopolstellung“ günstig. Viele meiner westlichen Mitreisenden trauen sich nicht. Selber Schuld. Ich genieße meine Stärkung und die wunderschöne Aussicht. Die Müdigkeit ist dahin, die Anstrengung vergessen.
Pokhara kann kommen!
geschrieben von Khai-Thai
(mehr von mir hier)
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